Pflege Eulachtal

Mäeutik in der Pflege Eulachtal

Vor fast genau zwei Jahren hat sich die Pflege Eulachtal dazu entschieden, die Mäeutik als Pflege- und Betreuungsmodell einzuführen und sich in der Schweiz als Pionierin auf diesem Gebiet zu positionieren. Ein Vorhaben, das mit dem heutigen Tag, dem 23. Mai ein neuer Meilenstein erreicht hat.

Der Begriff Mäeutik, also die Hebammenkunst ist abgeleitet von der Methode des Philosophen Sokrates, der im Gespräch mit seinen Schülern Fragen so stellte, dass sie fähig waren, selbst auf Frage zu antworten.

In der mäeutischen Pflege geht es um die Kompetenzen der Pflegenden und Betreuenden, in einer wertschätzenden Kommunikation bewusst auf ihr Gegenüber einzugehen. Der Mensch soll nicht bloss in seiner gegenwärtigen Konstitution wahrgenommen werden, sondern seine bisherige Lebensgeschichte und prägende Ereignisse, die sogenannte Erlebenswelt des Bewohnenden oder Klienten miteinbezogen werden. Dies wird beispielsweise innerhalb einer Bewohnenden-Besprechung im Team oder auch mit Angehörigen aufgenommen. Die Erkenntnisse aus einer solchen Besprechung können wichtige Pfeiler für die Pflegeplanung und die sogenannten Umgangsempfehlungen liefern.

Damit ein Pflege- und Betreuungsmodell von einer Institution dieser Grösse übernommen und vor allem unter den aktuell vorherrschenden Umständen von personellen Rekrutierungsschwierigkeiten und hoher Fluktuation am Leben gehalten werden kann, ist es essenziell, dass der Betrieb über intern geschulte Fachpersonen verfügt. Diese sollen in der Lage sein das Projekt mit Leben zu füllen und stetig wachsen zu lassen. Aus diesem Grund hat sich aus der Pflege Eulachtal ein Team aus den verschiedensten Professionsstufen und Abteilungen zusammengefunden, die in den letzten 8 Monaten eine fundierte Mentoren-Weiterbildung in Mäeutik absolviert haben. Dies führt dazu, dass einerseits die Implementierung des Modells, andererseits die Fortführung und die stetige Schulung neuer Mitarbeitenden abgesichert ist. Der Abschluss dieser Weiterbildung beinhaltet eine Projektarbeit in der Praxis umzusetzen. Am 23. Mai haben alle Teilnehmenden ihre Projektarbeit mit einer Abschlusspräsentation und damit ihre Ausbildung abgeschlossen.

An der Mäeutik-Mentoren-Weiterbildung teilgenommen haben Mitarbeitende aus der Stufe Betriebsleitung, der Teamleitung aber auch Pflegefachfrauen, Fachfrauen Gesundheit oder SRK-Mitarbeitende. Sie alle haben sich über die Monate intensiv mit dem mäeutischen Pflegeprozess und dessen Implementierung auseinandergesetzt. Zur Ausbildung gehörte auch eine Visitation einer Pflege-Institution in Österreich, in der das Modell der Mäeutik schon seit über 15 Jahren gelebt und umgesetzt wird. Es wurde viel gelesen, diskutiert, nachgedacht, sich gegenseitig ausgetauscht und beobachtet. Geschult und unterstützt wurden sie dabei von Susanne Frank-Kreft, Gründerin der Akademie für Mäeutik Schweiz und Pionierin in diesem Bereich.

So verschieden die Arbeitsbereiche der Teilnehmenden sind, so unterschiedlich präsentierten sich auch die Themen ihrer Projektarbeiten. Von der Einführung der mäeutischen Arbeitsweise in einem Nachtdienst-Team, über die Biographiearbeit bei Bewohnenden mit Migrationshintergrund bis zur digitalen Mäeutik-Einführung für neue Mitarbeitende waren die Themen sehr vielseitig gewählt.

Was dabei heraus sticht: die Mitarbeitenden, Bewohnende, Klienten und Angehörige zeigten sich sehr offen dem Thema gegenüber. Änderungen im Pflegeprozess, die zur Verbesserung des Wohlbefindens des Bewohnenden oder Klienten führen, wurden grösstenteils mit grosser Euphorie und Bereitschaft umgesetzt. Unbewusstes Wissen und Können ins Bewusste zu heben, sich der Bedürfnisse aller Beteiligten bewusst zu werden und eine Pflege am Menschen und dessen Lebensgeschichte zu orientieren und nicht an dessen Defiziten, in diesem Prozess spürten sich die angehenden Mäeutik-Mentorinnen- und Mentoren von ihren Teams und Vorgesetzten enorm unterstützt. Zudem wirkte sich das Wohlbefinden und entgegengebrachte Vertrauen der Bewohnenden und Klienten und Klientinnen eins zu eins auf die Atmosphäre im Team aus. Ein Gewinn also für alle!

Zum Abschluss der Präsentationen erhielten alle Teilnehmenden ihr Zertifikat, das sie ab diesem Tag als erste Mäeutik-Mentoren- und Mentorinnen der Schweiz auszeichnen.

Nun wird sich zeigen, wie die weiteren Schritte in der Pflege Eulachtal angegangen werden. Denn,- und auch das hat sich durch fast alle Referate durchgezogen,- Veränderungen brauchen Zeit. Fragen nach der Umsetzung in der Spitex, in welcher Form neue Mitarbeitende regelmässig geschult werden und wie wir die Angehörigen in diesen Prozess miteinbeziehen können, werden in den nächsten Monaten angegangen werden. Dass der weitere Weg mit einer mäeutischen Wertehaltung weiter beschritten wird, ist nach dem heutigen Tag unbestritten. Die leuchtenden Augen der Referentinnen und Referenten und der Wille, die Pflege wieder spürbar und individuell zu machen haben bei der heutigen Veranstaltung Bände gesprochen.